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Am Beispiel Der Teufel mit den 3 goldenen Haaren

Das MAKEOVER als Prinzip der Nachhaltigkeit für eine Theaterproduktion

 

Theater für Kinder hatten wir zu Beginn überhaupt nicht auf dem Zettel. Dann kam die Idee und das Konzept der ersten Fassung des Teufels von unserem Bühnenbildner Andreas Auffenberg, mit dem wir Mitte der 90er gleichzeitig beim Landestheater Dinslaken engagiert waren.

 

Upcycling zur Premiere März 1998
Andreas hatte noch eine ungewöhnliche massive Holzbank mit 2 hohen Türmchen als Rückenlehnen in seinem Atelier stehen, die mit ein paar gekonnten Pinselstrichen und einer zusätzlichen Konstruktion für bemalte Rollos zwischen den Türmchen unser zentrales Bühnenelement wurde. "Upcycling" war 1997 unter dem Begriff "Wiederverwertung" noch nicht so en vogue, aber Andreas war seiner Zeit eben weit voraus.

 

Das erste Makeover November 1998

Die Bank war allerdings mächtig schwer und dadurch auf Dauer für uns zu unhandlich. Wir ersetzten sie durch eine stabile und besteigbare Kiste, in der wir Requisiten verstecken und hervorzaubern konnten. Unsere beiden Hauptdarsteller (Glücksjunge und Prinzessin) waren damals große Puppen, gefertigt von Dieter Malzacher (Malzacher Figurentheater) und hatten für uns ebenso ihre Tücken. Sie wollten uns nicht so recht "von der Hand" gehen, weil auch sie ein hohes Gewicht hatten. Das hatte deren Nichtverlängerung ihrer Verträge zur Folge (Fachjargon im Theater für fristlose Kündigung). Und so übernahmen wir persönlich die vakanten Stellen und änderten kurzerhand zum ersten Mal die Inszenierung. Die bemalten Rollos (die zwischen den Banktürmchen, s.o.) hatten wir ausgerollt und auf stehende Tableaus gespannt, hinter denen wir Kostüm-Verwandlungen stattfinden ließen und Auftritte inszeniert haben. Das strukturierte den Bühnenraum ganz anders und wir hatten plötzlich noch mehr Möglichkeiten zum Spielen. Die massive Bank von Andreas zierte übrigens fortan unsere Gartenterrasse und machte dort eine tolle Figur.

 

Mit dieser Version tourten wir erfolgreich bis 2008. Dann legten wir sie auf Eis und verstauten das Bühnenbild erstmal im Fundus. Gründe dafür gab es einige, einer war das immer noch hohe Transportvolumen durch sperrige Bühnenteile. Es folgt eine laaaaange Teufel-Pause. 

 

Nachhaltigkeits-Konzept Flohmarkt Winter 2017

Bei unserem Fundus Flohmarkt 2017/18 unter dem Motto "Weiter mit leichtem Gepäck" landete dann das Gros der Bühnen- und Kostümteile bei Theaterschulen und freien Kollegen und Kolleginnen der Region. Das Glück ließ uns jedoch ein paar entscheidende Requisiten und Elemente behalten.

 

Das zweite Makeover Sommer 2019 (Die Sehnsucht, den Teufel wieder ins Repertoire aufzunehmen, war zu groß ;)

Ein Teufel-Revival musste drei Voraussetzungen für die Inszenierung und das Bühnenbild erfüllen: kleiner, leichter, kürzer. Denn unser Theaterbus war passée, ab jetzt musste alles in einen Kombi passen. Inspiriert von Martinas Bühnenbildkonzeption ("Das genähte Bühnenbild") bei unserer Koproduktion OX & ESEL mit dem Düsseldorfer Theater Nebelwerke von 2018 machten wir uns neben Textkürzungen ans Aufarbeiten alter und Nähen neuer Kostüme und ans Upcycling der so kunstvoll bemalten Rollos/Tableaus von Andreas (s.o.). Wir entwickelten eine straffe Überarbeitung des gesamten Stückes mit Einsatz moderner Tontechnik und genähtem Bühnenbild. Die 100x180 cm großen Tableaus haben wir in zerlegbare Holz-Schilder verwandelt, die von der einen Seite aussehen wir Baumkronen, die sich ins genähte Bühnenbild einschmiegen, und von der anderen Seite die Motive der Rollos zeigten, die nun wiederum die jeweiligen Spielorte symbolisieren. Die Kiste wich einer zerlegbaren, eleganten, superleichten Sitzbank mit Geheimfach (aus Hockerteilen von IKEA gefertigt) und die Straffung der Dramaturgie ließ das Stück von herausfordernden fast 75 auf angenehme 60 Minuten schrumpfen. Komplettiert wird die Besetzung durch eine kleine animierbare Pferdefigur mit Reiter (Hampelmann-Technik) und einer Holzfledermaus. So entwickelten wir eine kompakte Ausstattung plus Technik, die nun locker in unseren Kombi passt.

 

Das dritte Makeover Sommer 2023

Nachdem die Ausstattung also komfortabel war, ging es nun nochmal um die schauspielerische Vertiefung und ein modernisiertes musikalisches Konzept plus die Tauglichkeit für Openair-Aufführungen. Wir haben die Musik komplett neu eingespielt und das Verhältnis von live und Konserve neu gemischt, in intensiven Proben unsere schauspielerische Genauigkeit auf den Prüfstand gestellt und Szene für Szene die Figuren zeitgemäß interpretiert und präzise inszeniert. 

 

Das vorerst letzte Pimp Up-Makeover Winter 2024

Für den Sprung auf richtig große Theaterbühnen fehlte jetzt nur noch ein Puzzleteil in der Gesamterscheinung. Wie können wir die sechs Meter Höhe in großen Theatern füllen, damit unser zwei Meter hohes Bühnenbild nicht so verloren wirkt? Die Lösung sind Projektionen - durch Bilder haben wir nun den Raum über unserem Bühnenaufbau atmosphärisch in Szene gesetzt. Et voilà! Sieht bombe aus.

 

Nachhaltigkeit = wiederholte Auseinandersetzung mit der eigenen Kreation

So haben wir unsere Begeisterung für unser Stück lebendig halten können, die Frische beim Spiel erhalten und unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten weiterentwickelt. Wir spielen also nicht ein und dasselbe Stück seit 26 Jahren, sondern haben es über diesen Zeitraum reifen, atmen und wachsen lassen.

 

Das ist für uns ein starkes Symbol von Nachhaltigkeit, sich immer wieder neu mit der eigenen Kreation auseinanderzusetzen und diese an veränderte Verhältnisse anzupassen.

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